Die Aviation Nation Airshow auf der Nellis Air Force Base dem Heimatflughafen der Thunderbirds findet jedes Jahr statt. Diesmal stand sie unter dem Stern des hundersten Geburtstags des Spielerparadieses Las Vegas, das sich in unmittelbarer Nähe der Airbase befindet.
Dies war meine erste Airshow auf amerikanischen Boden. Nach den Erfahrungen im europäischen Raum packte ich meine Leiter ein, was mir ungläubige Blicke auf jedem Flughafen und Hotel einbrachte. Schon bei der Einreise war meine Euphorie dahin. Noch nie habe ich ein derart arrogantes Verhalten gegenüber Touristen kennen gelernt, wie durch die Einwanderungsbehörde in Denver. Die Angst vor Terroranschlägen sitzt den Amerikanern so tief im Nacken, dass man mittlerweile 2 Stunden zum Umsteigen bei einem inneramerikanischen Flug braucht.
Die Airshow selbst fand wenig Anklang. Nur insgesamt 150.000 Besucher nahmen daran teil, die sich auf dem großen Gelände etwas verloren vorkamen. Im nahen Las Vegas nahm man die Airshow nicht war. Einzig zwei Herzen am Himmel wiesen am Vortag auf die Airshow hin. Die Organisation war dennoch sehr gut, es gab ausreichend sanitäre Anlagen und Futterstellen. Der Transfer zur Airbase erfolgte via Pendelbusse vom nahe gelegenen Vegas Motor Speedway. Selbst in Stoßzeiten benötigte man nur eine viertel Stunde für den Transfer. Im Folgenden beschreibe ich chronologisch meine Eindrücke vom Ablauf dieser Airshow.
Die erste Vorführung, die ich geniesen konnte, waren die Doolittle Raiders. Durch den Film Pearl Harbour wurde der B-25 Mitchel ein Denkmal gesetzt. Die für die Air Force konzipierten Maschinen griffen darin erstmals das japanische Festland von einem Flugzeugträger aus an. Zwei wieder instand gesetzte B-25 simulierten diesen Einsatz unterstützt durch allerlei Pyrotechnik.
Es folgte eine Red Knight T-33 Demo, geflogen durch Chris Round, der bereits über 10.000 Flugstunden auf 70 Flugzeugtypen vorweisen kann. Die recht weiträumig ausgelegte Darbietung bot keine Überraschungen. Zudem sieht man eine T-33 auch recht häufig in Europa (Duxford, Sanicole).
Spannender wurde es durch die Red Bull MiG Demo. Eine Mig-17F sieht man recht selten. Umso schöner, sie auch fliegen zu sehen. Gut ausgeflogene Schleifen und tiefe Vorbeiflüge dicht am Publikum sorgten für Begeisterung. Zeitweise wurden die Zuschauer sogar direkt überflogen. Am Steuer saß Bill Reesman, ein Geschäftsmann, der 40 Jahre Flugerfahrung mit Jets hat. Die Flüge mit 8g und 600 Meilen/h sieht er als ein Ausgleich für sein Berufsleben. Kein Wunder, schließlich hatte er auf einer F-100 Super Sabre ca. 320 Kampfmissionen in Vietnam abgespult.
Die International Formula One Air Racing Demo kann man sich eigentlich schenken. Sechs kleine Propellermaschinen mit Vierzylinder-100PS-Motoren drehten etlichen große Runden in großer Entfernung zum Publikum und sollten Rennfeeling vermitteln, was nur bedingt gelang. Hier sollte man die Zeit nutzen und die gut bestückten Futterbänke stürmen.
Besser sah die Patriots Jet Team Demo aus. Drei L-39C Albatros tschechischer Produktion boten ein interessantes Programm, an dem mir besonders der senkrechte Steigflug bis zum Strömungsabriss und das anschließende Abkippen zum Sturzflug gefiel. Interessanterweise ist hier auch ein ukrainischer Pilot im Team.
Die Airshow war auch als Welcome Home Party für die Vietnam Veteranen geplant worden. Somit durfte eine Vietnam Airpower Show nicht fehlen. Während die Amerikaner beim Versuch Vietnam in die „Freiheit“ zu bomben, ihre erste große Niederlage erhielten, wurde hier in Nellis alles als großer Sieg der Freiheit verklärt. Immerhin drehten zwei gut erhaltene A-1 Skyraider, eine OV-10 Bronco als Forward Air Controller, eine OA-37 Dragonfly und eine AC-47 Gunship eintönig ihre Runden, während sich die Pyrotechniker am Boden bemühten, der Demo etwas Action einzuhauchen. Zum Abschluss simulierten noch einige UH-1 Huey einen Rettungseinsatz.
Nach der Geschichtseinlage folgte als Ausgleich eine Kunstlugvorführung. Tim Weber zeigte, was man aus einer deutschen Extra 300 mit 300 Pferdestärken alles herausholen kann. Immerhin schafft die Maschine Winkeldgeschwindigkeiten von über 340 Grad je Sekunde.
So einen Programmpunkt, wie das U.S. Air Force Thunderbirds Engine Run wird man auf keiner europäischen Veranstaltung finden. Was in Europa im Hintergrund läuft, wird hier von tausenden Amerikanern gespannt verfolgt: Im Synchronschritt liesen die Techniker die Triebwerke an und testeten kurzzeitig die Rauchanlage. Nach dieser Tat waren mehrere Straßenreinigungsfahrzeuge beschäftigt, die Landebahn wieder zu reinigen.
In der Experimental Aircraft Association Formation sah man eine Vielzahl einmotorischer ziviler Flugzeuge in der Luft, die mich nicht sonderlich bannten.
Das Ed Hamill Aerobatic Demo war eine durchschnittliche Kunstflugvorführung. Hamill ist bereits 10 Jahre aktiv in der Air Force und ist derzeit als F16-Fluglehrer beschäftigt.
Die AV-8B Demo beinhaltete ein Harrier-Standardprogramm bestehend aus Kurzstart, schnellem Vorbeiflug und einer ausgiebigen Standschwebe vor dem Publikum.
In der Mixed Air Racing Demonstration flog ein Vielzahl von unterschiedlichen Propellerflugzeugen, darunter auch einige gut erhaltene alte T6. Gefallen hat mir eine schöne P-51-Replik in ¾ Größe namens Blue Thunder, die immerhin bis zu 357 Meilen/h schnell ist.
Die Sean Tucker Aerobatic Demo hat mich sehr beeindruckt. Für mich ist sie das derzeit beste Kunstflug-Solo. Im Gegensatz zu seinen Kollegen fliegt Tucker mit bis zu +12g und -7,5g Überlast. Die 400PS seiner Maschine erlauben Höchstgeschwindigkeiten bis 300 Meilen/h. Aber auch „rückwärts“ wird mit bis zu 100Meilen/h geflogen. Während der Vorführung wurde durch Helfer ein 6 Meter hohes Seil gespannt, was mehrmals unterflogen wurde. Der Höhepunkt war eine Standschwebe ähnlich einem Hubschrauber, bei der die Maschine einige Zeit senkrecht auf dem gleichen Punkt verharrte. Nicht ohne Grund ist Tucker Honorar-Mitglied der Blue Angels, der Thunderbirds und der kanadischen Snowbirds.
Die ferngelenkte MQ-1 Predator spielt eine große Rolle in Nellis. Mit 28 Maschinen ist sie hier nach der F-16 die zweithäufigste Maschine. Während der Veranstaltung wurden ständig Luftbilder/-videos von ihr über das Geschehen auf der Base auf den Videowänden eingespielt. Der Einsatz dieser Maschinen soll die Kriegsführung grundlegend ändern. So sollen die Piloten in Nellis Freitags in ihr wohlverdientes Familienwochenende gehen und am Montag Morgen bereits wieder ihre Einsätze über den Irak fliegen können – Fernsteuerung macht´s möglich. Eine Pretator simulierte dank Pyrotechnik einen Angriff mit zwei Maveriks. Immerhin können die Maschinen bis 1,5 t Nutzlast mitführen.
Wegen der F-15 Demo bin ich unter anderem nach Nellis geflogen. In Europa hatte ich kein Glück diese leistungsfähige Maschine zu sehen. Major Jason Costello (Bondo), der auf 1500 Flugstunden und 30 Irak-Einsätze verweisen kann, flog meiner Meinung nach jedoch mit angezogener Handbremse. Glücklicherweise hatte ich die Gelegenheit, im Luxor-Hotel in Las Vegas einen I-Max-Film über die Red-Flag-Übungen in Nellis zu sehen, in dem Flugeigenschaften einer F-15 besser zur Geltung kamen.
Der Air Combat Command Heritage Flight war ein absolutes Highlight. Eine F/A-22 Raptor, eine F-4C Phantom II und zwei P-51 Mustangs sollten in gemeinsamer Formation fliegen. Nach dem Start wurde eine P-51 jedoch nicht mehr gesehen. Was aus ihr wurde, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Besonders fotofreundlich startete die Phantom. Sofort nach dem Start zog sie in eine weite Schleife ums Publikum. Die Formation überflog auch mehrmals diagonal die Zuschauerlinie. Nach dem Auflösen der Formation zeigte die Raptor noch eindrucksvoll ihre Steigfähigkeit. Wegen dieser Maschine hat sich mein USA-Flug schon gelohnt. Sie steht für das derzeit technisch Machbare im Flugzeugbau. Die Raptor soll in Zukunft durch ihre Stealth-Eigenschaften den USA eine “Kick down the door“-Fähigkeit verleihen. Allerdings ist sie so teuer, das sich selbst die USA nur wenige Maschinen leisten können.
Es folgte eine sogenannte USO Show, in der mit Hilfe diverser Sänger/-innen den „Helden“ des Vietnamkrieges gedankt wurde – Staatsbürgerkunde-Unterricht auf amerikanisch. Parallel wurde der Slogan „Welcome Home Vets“ in den Himmel geschrieben.
Endlich kam der Höhepunkt, die U.S. Air Force Thunderbirds Demonstration. Die Amerikaner geniesen das synchrone Maschieren der Piloten und Techniker vor den Maschinen sowie das synchrone Besteigen und Starten der F-16. Nach dem gemeinsamen Start folgten enge Formationsflüge und perfekte Spiegelflüge. Steigflüge bis zum Strömungsverlust und zum Abkippen der Maschine sorgten für Kurzweil. Während vier Maschinen mit ausgefahrenem Fahrwerk langsam am Publikum vorbeiflogen, durchbrach eine Maschine mit hoher Geschwindigkeit diese Formation. Ein Gag war der „Erschrecker“. Während das Publikum schon 5 Minuten diverse Formationen sah, zog eine F-16 mit gezündeten Nachbrenner und 0,95 Mach im extremen Tiefflug direkt über die Köpfe der Besucher. Insgesamt war die Demo schön anzusehen.
Mein Fazit: Es gab leider zu viel uninteressantes ziviles „Kleingetier“ zu sehen. Warbirds waren nur wenige vertreten und die Bomber- und Transportflotte fehlte selbst im Static-Display. Dafür gab es eine schöne Stealthsammlung aus F117 Nighthawk, F/A-22 Raptor und F-35 Joint Strike Fighter (1:1-Modell) zu besichtigen. Die Zukunft wurde durch eine interessante Drohnensammlung aus MQ-1 Pretator, X-45C und X-47 verdeutlicht.
Die Propaganda war fast unerträglich und erinnerte mich stark an alte DDR-Zeiten. Auch wenn sich die Thunderbirds selbst als weltbestes Displayteam bezeichnen, gefallen mir die Frecce und Red Arrows aus dem alten Europa besser. Dennoch hat sich die Reise auf Grund der drei Highlights (Tucker, Raptor und Thunderbirds) gelohnt, wenngleich europäische Airshows in Summe mehr Kurzweil bieten. Der Reiz eine amerikanische Airshow zu besuchen, liegt halt darin, Maschinen zu filmen, die man sonst in Europa nicht sieht.
Erstellt am 6.12.2005